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Allgemein

Was ist ein Pincer-Impingement?

 September 12, 2023

By  Thomas

Ein Hüftimpingement lässt sich in verschiedene Arten einteilen. Neben dem Cam-Impingement gibt es die sogenannte Pincer-Knochenform, welche etwas andere Eigenschaften aufweist als der Cam-Typ. In diesem Beitrag geht es um das Pincer-Impingement und welche Charakteristika dieses besitzt. 

Definition

Bei einer Pincer-Morphologie (deutsch: Beißzange) ist ein knöcherner Vorsprung an der Hüftpfanne vorzufinden. Dadurch kommt es zu einer verstärkten Überdachung des Oberschenkelknochens. Dieser wird also wie von einer Beißzange vermehrt vom Acetabulum umschlossen.

Abb.1: Die rot markierte Stelle zeigt die klassische Pincer-Morphologie. Durch den Knochenvorsprung wird der Oberschenkelknochen verstärkt von der Hüftpfanne überdacht.

Dieser strukturellen Deformität können mehrere Ursachen zu Grunde liegen, welche im Folgenden näher erläutert werden.

Ursachen

Coxa profunda

Bei einem coxa profunda (lat. coxa = Hüfte; lat. profunda = tief) ist die Hüftpfanne tiefer als gewöhnlich ausgeprägt. Durch diese verstärkte Tiefe kann es zu einer exzessiven Überdachung des Oberschenkelkopfes und damit zu einem Pincer-Impingement kommen.

Normale Hüfttiefe: Linea ilioischiadica (gelb) und fossa acetabuli (grün) kreuzen sich nicht

Coxa profunda: Die fossa acetabuli (grün) kreuzt die Linea ilioischiadica (gelb). Die Hüftpfanne ist tiefer ausgeprägt was zu einer verstärkten Überdachung führt.

Protrusio acetabuli

Die Protrusio acetabuli beschreibt eine Vorwölbung der Hüftgelenkspfanne zum Zentrum des Beckens hin, was eine tiefere Stellung des Oberschenkelknochens zur Folge hat. Auch dies fördert eine exzessive Überdachung des Oberschenkelknochens was ein Pincer-Impingement zur Folge haben kann.

Pfannenretroversion

Durch eine Öffnung der Hüftpfanne nach hinten (retroversion), lässt diese wenig Spiel nach vorne zu, was gleichermaßen ein Pincer-Impingement begünstigen kann.

Fakten

1:3
Verhältnis: männlich/weiblich

Eine Pincer-Morphologie tritt bei Frauen viel häufiger auf, was sich vermutlich auf die anatomisch anders gebaute Beckenform von Frauen und Männern zurückführen lässt.

40
Durchschnittsalter

Die Pincer-Struktur tritt bei einem Durchschnittsalter von 40 Jahren am häufigsten auf [1].

67 %
bei asymptomatischen Hüften

Bei 67 % von 2000 asymptomatischen Hüften konnte ein Pincer-Impingement gefunden werden [2].

Diagnostik

Ein Pincer-Impingement kann in Röntgen- und/oder MRT/MRA Bildern vermessen werden. Entscheidend dabei ist der sogenannte LCEA Winkel (lateral center edge anlge). Er ist ein Maß dafür, wie stark der Oberschenkelkopf von der Außenseite des Acetabulums überdacht ist. Liegt dieser Winkel über 40° kann von einer Pincer-Deformität ausgegangen werden.

Zudem gibt neben dem LCEA-Winkel auch der AC-Winkel (Acetabulumwinkel) Auskunft über die Stärke der Bedeckung des Oberschenkelknochens durch das Acetabulum.

Ist die Pincer-Struktur verantwortlich für meine Symptome?

Wie bereits in den Fakten erwähnt, haben 67% der symptomfreien Studienteilnehmer eine Knochenform des Typ Pincer. Ist es also durchaus fraglich, ob diese Morphologie Ursache für die Symptome ist. Die wissenschaftliche Datenlage hat gezeigt, dass Schmerzen wenig Zusammenhang mit arthroskopischen Befunden haben [3]. Es ist also in der Regel nicht so relevant, ob eine Pincer-Morphologie vorliegt oder nicht. Vielmehr spielen andere Faktoren eine viel größere Rolle bei der Entstehung von Symptomen. Dazu zählen z.B. ein niedriges Aktivitätslevel, Übergewicht, Rauchen und die mentale Gesundheit. Die Schmerzen korrelieren also wenig mit der Knochenstruktur. Dies führt uns zu der Frage, ob eine Operation bei einem Pincer-Impingement überhaupt nötig und hilfreich ist.

Benötige ich eine Operation?

Nach Diagnose einer Pincer-Struktur werden als Erstlinienbehandlung [4] konservative Methoden herangezogen. Versagt die konservative Therapie, muss geprüft werden, ob ein chirurgischer Eingriff indiziert ist. Dazu müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

  • Der Patient klagt über Symptome.
  • Klinische Tests fallen positiv aus.
  • Es gibt bildgebende Befunde.

Sind diese 3 Bedingungen erfüllt, kann man von einem femoroacetabulären- Impingement-Syndrom sprechen. In vielen Fällen wird dann fälschlicherweise schon viel zu früh operiert, obwohl konservative Maßnahmen noch längst nicht ausgeschöpft sind. Leider fehlt Physiotherapeuten noch immer das nötige know-how. Eine fachgerechte, nachhaltige und auf den Patienten zugeschnittene Therapie findet in der Regel nicht statt. Sporadisch erhält der Patient sehr allgemeine Übungen, welche häufig nicht zielführend und nicht auf den Trainingsstand des Patienten angepasst sind. Zudem werden durch manuelle Therapie bestimmte Muskelgruppen aufgelockert. Entscheidende Faktoren, wie die progressive Belastungssteigerung des Nervensystems, Modifikationen der Aktivitäten sowie eine Korrektur ungünstiger Bewegungsabläufe werden dabei nicht berücksichtigt. Zudem wird meist viel zu wenig Zeit in die Rehabilitation eingeplant. So ist ein Versagen der konservativen Methoden vorprogrammiert.

Führt ein Pincer-Impingement zu Arthrose?

Häufig wird ein operativer Eingriff darin begründet, dass es die Hüfte vor vorzeitigen Verschleiß schützen soll.

Die Studienlage hat jedoch gezeigt, dass ein Pincer-Impingement nicht zu Arthrose führt. Es scheint sogar, als würde die Pincer-Deformität eine Schutzwirkung vor weiteren Verschleiß haben [5].

Literatur

[1] Tannast M, Siebenrock KA, Anderson SE. Femoroacetabular impingement: radiographic diagnosis--what the radiologist should know. AJR Am J Roentgenol. 2007 Jun;188(6):1540-52. doi: 10.2214/AJR.06.0921. PMID: 17515374

[2] Frank JM, Harris JD, Erickson BJ, Slikker W 3rd, Bush-Joseph CA, Salata MJ, Nho SJ. Prevalence of Femoroacetabular Impingement Imaging Findings in Asymptomatic Volunteers: A Systematic Review. Arthroscopy. 2015 Jun;31(6):1199-204. doi: 10.1016/j.arthro.2014.11.042. Epub 2015 Jan 28. PMID: 25636988.

[3] Westermann RW, Lynch TS, Jones MH, Spindler KP, Messner W, Strnad G, Rosneck J. Predictors of Hip Pain and Function in Femoroacetabular Impingement: A Prospective Cohort Analysis. Orthop J Sports Med. 2017 Sep 15;5(9):2325967117726521. doi: 10.1177/2325967117726521. PMID: 28944250; PMCID: PMC5602220.

[4] Fortier LM, Popovsky D, Durci MM, Norwood H, Sherman WF, Kaye AD. An Updated Review of Femoroacetabular Impingement Syndrome. Orthop Rev (Pavia). 2022 Aug 25;14(3):37513. doi: 10.52965/001c.37513. PMID: 36034731; PMCID: PMC9404268.

[5] Agricola R, Heijboer MP, Roze RH, Reijman M, Bierma-Zeinstra SM, Verhaar JA, Weinans H, Waarsing JH. Pincer deformity does not lead to osteoarthritis of the hip whereas acetabular dysplasia does: acetabular coverage and development of osteoarthritis in a nationwide prospective cohort study (CHECK). Osteoarthritis Cartilage. 2013 Oct;21(10):1514-21.

Thomas Worring


Thomas Worring hat selbst jahrelang unter einem Hüftimpingement gelitten. Er hat aus seiner seiner schmerzhaften Erfahrung viel gelernt und einen Weg gefunden, sein Impingement ohne eine Operation auszukurieren. Heute hilft er anderen dabei, eine bewegliche, schmerzfreie Hüfte zurückzugewinnen.