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Allgemein

Hüftimpingement OP: Ist sie zielführend?

 April 5, 2020

By  Thomas

Wenn du eine Operation deines Hüftimpingements in Erwägung ziehst, wirst du eventuell schon auf Quellen gestoßen sein, in denen sehr gute Erfolgschancen der Hüftarthroskopie angepriesen werden. Es wird argumentiert, dass nur eine Operation helfen kann, den Engpass im Gelenk dauerhaft zu entfernen. Falls du wirklich über eine OP nachdenkst, könnte es sich lohnen, einen näheren Blick auf Erfolgsaussichten eines solchen Eingriffes zu werfen. Es wurden wissenschaftliche Studien erhoben, in welchen die Ergebnisse einer Hüftarthroskopie genauer erforscht wurden.

In diesem Beitrag werden Studien transparent und verständlich offen gelegt, um dir die Diskrepanz zwischen einer objektiv "erfolgreichen Operation" im Sinne der Schulmedizin und der subjektiv wahrgenommenen Zufriedenheit der Patienten zu erläutern.

Die Hüftarthroskopie

Der Eingriff

Operatives Verfahren zur Behandlung eines Hüftimpingement - Hüftarthroskopie

Bei der Hüftarthroskopie oder auch Gelenkspiegelung handelt es sich um ein minimal-invasives Verfahren bei dem Erkrankungen der Hüfte sowohl diagnostiziert, als auch behandelt werden können. Minimal-invasiv bedeutet, dass die Einschnittstelle so gering wie möglich gehalten wird und dadurch eine Verletzung des Körpergewebes minimiert wird.

Vor der eigentlichen Operation wird an dem zu behandelnden Bein gezogen, um den Spalt im Gelenk zu vergrößern. Anschließend führt der Operateur spezielle Instrumente durch drei kleine Hautschnitte in das Gelenk ein. Dazu zählen unter anderem eine Lichtquelle, eine Kamera, mechanische Schneidinstrumente und eine Knochenfräse. Bei einer Schädigung des Labrums wird dieses geglättet und anschließend erneut fixiert. Die Cam- bzw. Pincerdeformität wird mithilfe der Knochenfräse abgetragen. Zur Überwachung des Eingriffs dient ein mobiles Röntgengerät.

Ist eine Hüftarthroskopie harmlos?

Der Begriff minimal-invasiv klingt erstmal nicht so schlimm. Und tatsächlich entstehen kleinere Wunden und die Betroffenen erholen sich schneller von der Operation. Jedoch birgt auch dieses Verfahren Risiken.  Der Begriff täuscht und lässt Patienten leichter von einer Operation überzeugen. Häufig wird nicht zum Wohl des Betroffenen entschieden. Der Eingriff ist sogar eine größere Herausforderung für den Operateur als eine offene Operation. Die Sicht ist eingeschränkt und nur zweidimensional.

Wirksamkeit der Hüftarthroskopie bei einem Hüftimpingement


Es gibt einige Publikationen, die die Wirksamkeit einer Hüftarthroskopie bei einem femoroacetabulären Impingement bestätigen.


In einer Studie nach J.W.Byrd et al. aus dem Jahre 2009 [1] zeigt eine Verbesserung durch eine Operation bei  83 % der Patienten mit einem femoroacetabulären Impingement. Dabei wird angegeben, dass die durchschnittliche Verbesserung bei 20 Punkten der Harris Hip Skala beträgt. Dabei handelt es sich um einen Fragebogen, mit dem der Erfolg einer Hüftoperation erfasst werden kann. Die Range reicht von -17 (Es wurde schlechter nach der Operation) und +60 (Es wurde viel besser).


Die Ergebnisse der Studie scheinen vielversprechend. Aber wenn wir uns die Sachlage etwas genauer anschauen wird deutlich, dass es in der Realität ganz anders aussieht.

Der Harris Hip Score Fragebogen

Der Fragebogen wird dem Patienten vor und nach der Operation ausgehändigt. Es werden Punkte zu Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Alltagstauglichkeit und allgemeiner Gehfähigkeit abgefragt. Am Ende wird das Ergebnis in einer entsprechenden Punktzahl ausgedrückt. Diese muss mindestens 20 Punkte mehr als vor der OP ergeben, damit die Operation als erfolgreich gewertet werden kann. 

Jedoch ist es ziemlich einfach, diese 20 Punkte nach erfolgter OP zu bekommen.


Doch um das zu verstehen, füllen wir den Fragebogen einmal probeweise aus. Du kannst den Harris Hip Score Fragebogen unter folgendem Link finden:

Harris Hip Score Fragebogen​​​


Beim 1. Punkt werden die allgemeinen Hüftschmerzen abgefragt. Wir wählen probeweise den vorletzten Punkt:



Marked pain, serious limitation of activities
(Deutsch: Deutliche Schmerzen, starke Einschränkung von Aktivitäten)



Wenn du nach unten scrollst kannst du bereits jetzt sehen: Deine Punktzahl beträgt JETZT SCHON 10 Punkte!

Aber lass uns weiter machen!

Wir wählen jetzt anstatt "marked pain, serious limitation of acitivities" folgende Antwort:


Moderate pain, tolerable but makes concessions to pain. Some limitations of ordinary activity or work. May require occasional pain medication stronger than aspirin
(Deutsch: Schmerz erträglich,  jedoch Behinderung bei gewöhnlicher Aktivität, gelegentlich stärkere Schmerzmittel als Aspirin erforderlich)



Wir scrollen runter und sehen: 20 Punkte. Würdest du eine OP als erfolgreich ansehen, wenn du noch immer im Alltag eingeschränkt bist und gelegentlich starke Schmerzmittel brauchst?


Wählen wir die oberste Antwort



None, or ignores it
(Deutsch: Keine Schmerzen, oder Schmerzen werden ignoriert)



Du könnetst also noch immer Schmerzen haben, diese jedoch ignorieren und deinen täglichen Aktivitäten nachgehen und erhältst dafür satte 44 Punkte!

Du erlangst also trotz Schmerzen eine Top Punktzahl in dieser Skala.


Schauen wir uns schließlich ein Szenario vor und nach der OP an.


Nehmen wir an du hast vor der OP deutliche Schmerzen und ein starkes hinken. Wir beantworten also die erste Frage mit


Marked pain, serious limitation of activities
(Deutsch: Deutliche Schmerzen, starke Einschränkung von Aktivitäten)



Zusätzlich markieren wir die Antwort bei "limp" (deutsch: Hinken)



Severe or unable to walk
(Deutsch: schwerwiegendes Hinken oder komplett unfähig zu Gehen)



Wir erhalten vor der OP einen Score von 10.


Nach der OP hast du noch immer leichte Schmerzen und leichtes hinken. Die Antworten im Fragebogen wären:



Mild pain, no effect on average activities, rarely moderate pain with unusual activity, may take aspirin
(Deutsch: milde Schmerzen, keine Auswirkung auf die durchschnittliche Aktivität, selten mäßige Schmerzen nach ungewohnten Tätigkeiten, gelegentlich z.B. Aspirin.)



und bei der Frage Limp:



Slight (Deutsch: leicht)



Nach der Operation erhältst du also einen Score von 38


Die Differenz der Punkte vor und nach der Operation beträgt also 28 (38-10)


Die OP zählt also als erfolgreich, obwohl du noch immer Schmerzen hast, leicht hinkst und ab und zu Aspirin nehmen musst.

Die Erwartung der Patienten an eine Hüftimpingement OP versus die tatsächlichen Ergebnisse

Wie aus obigen Beispiel ersichtlich ist der Harris Hip Score Fragebogen also nicht das passende Werkzeug, um den Erfolg einer Operation zu erfassen.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2012 nach Mannion et al.[2] legt die Erfahrung von 86 Patienten mit einer Operation zur Korrektur eines Hüftimpingements offen. Es wurde die Motivation der Patienten, sich einer OP zu unterziehen und die Erwartung an diese befragt. Die Hauptmotivation sich operieren zu lassen, war eine Schmerzlinderung. Am zweit wichtigsten war den Patienten, eine Verschlechterung der Situation vorzubeugen. Letztlich war ihnen auch eine Verbesserung der Bewegungsmöglichkeiten von Belangen.

Für die Erwartungen an eine Hüftimpingement OP ergaben sich folgende Ergebnisse:

  • 57 % der Patienten erwarteten von der OP, dass die Hüftschmerzen viel besser werden.
  • 40% gingen von einer moderaten Besserung nach der OP aus
  • 46 % erwarteten, dass sie nach der OP viel besser Sport treiben können
  • 37% gaben an, wieder besser Sport machen zu können

Diese Erwartungen sind nicht zu hoch gesteckt. Die Patienten wollen lediglich ein Leben ohne Hüftschmerzen und Bewegungseinschränkungen zurück und wieder uneingeschränkt Sport treiben.

12 Monate nach der OP wurden die Patienten erneut befragt, ob die Operation ihre Erwartungen erfüllt hat. Die Befragung kam zu einem ernüchternden Ergebnis:

  • Bei 56 % der Patienten wurde die Erwartung an eine OP NICHT erfüllt
  • 61 % waren enttäuscht von den Verbesserungen bei sportlichen Aktivitäten
  • 53 % waren enttäuscht von der Verbesserung der Hüftfunktionalität
  • 33-45% waren enttäuscht in Bezug auf mentales Wohlbefinden und Gehfähigkeit.

Es wird also ersichtlich, dass bei ÜBER DER HÄLFTE der Patienten die Erwartungen an eine Operation nicht erfüllt wurden.

Wie bewerteten die Patienten die Effektivität einer Operation?

  • 29 % gaben an, die Operation habe ihnen viel geholfen.
  • 39 % antworteten, die OP habe ihnen etwas geholfen. Aber tatsächlich hat es nicht alle Probleme des FAI's gelöst.
  • 21 % sagten, es habe nur ein bisschen geholfen.
  • 9% klagten, dass die OP gar nicht geholfen hat
  • 2 % berichteten, dass die OP alles noch verschlimmert hat

Vergleicht man die 29 % der Patienten die wirklich zufrieden waren mit einer OP mit den restlichen 71 % die nicht zufrieden waren, wird schnell klar, dass eine Hüftimpingement OP nur in wenigen Fällen wirklich zielführend für die Patienten ist.

Fazit

Zusammenfassend kann also davon ausgegangen werden, dass eine Hüftarthroskopie laut aktueller Studienlage bei der Erfüllung der durchaus legitimen, simplen Erwartungen der Patienten versagt. Den Patienten bleibt die Entscheidung selbst überlassen, ob sie sich einen derartigen Eingriff unterziehen lassen. Jedoch ist kritisches Hinterfragen geboten. Eine Operation kann immer noch durchgeführt werden, wenn alle anderen Methoden versagt haben.

Literatur:

[1] BYRD J.W.; JONES K.S.;2009: Arthroscopic Femoroplasty in the Management of Cam-type Femoroacetabular Impingement, Clinical Orthopaedics and related Research, 467(3): 739–746

[2] MANNION A.F.; IMPELLIZZERRII F.M.; NAAL F.D.; LEUNIG M.; 2012: Fulfilment of patient-rated expectations predicts the outcome of surgery for femoroacetabular impingement; Osteoarthritis and Cartilage; Volume 21, Issue 1, Pages 44–50

Thomas Worring


Thomas Worring hat selbst jahrelang unter einem Hüftimpingement gelitten. Er hat aus seiner seiner schmerzhaften Erfahrung viel gelernt und einen Weg gefunden, sein Impingement ohne eine Operation auszukurieren. Heute hilft er anderen dabei, eine bewegliche, schmerzfreie Hüfte zurückzugewinnen.

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  1. Das kann ich alles nur so bestätigen, ich selber habe das Konzept entdeckt und Kontakt aufgenommen. Meine offene Fragen wurden beantwortet und ich habe dadurch sehr viel Mut/Motivation bekommen. Natürlich habe ich auch ab und an Mal ein ziehen, aber ich weiß wie ich es sehr schnell kontrollieren kann. Solange es klappt, mache ich so weiter 😉

  2. Echt gut, mehr über die Hüftimpingement-OP hier zu erfahren. Bislang wusste ich nicht viel darüber. Dieser Internetartikel konnte mir viele Informationen bieten, die ich in Zukunft berücksichtigen werde.

  3. Ich bin 17 und Röntgenbild plus Diagnose zeigt, dass ich ein Cam Impingement habe, aber MRT Bericht sagt dann nicht. Wie lange dauert bis eine Mobility,Dehnroutine wirkt und wie lang ist zu lang? Ich will nicht operiert werden.

  4. Beii mir wurde per röntgen eine Cam Deformität festgestellt, wie kann ich eine OP vermeiden? Kann ich eine Verschlechterung verhindern?

  5. Ich habe durch ein Impingement auch Hüftprobleme. Mein Arzt hat mir deshalb eine Operation mit anschließender Physiotherapie empfohlen. Schön zu hören, dass dabei nur kleinere Wunden entstehen und die Betroffenen sich schneller von der Operation erholen.

    1. Ich habe auch ein cam impibgement an der rechten hüfte und wen ich laufe wir mein Bein hart und ich habe angst das ich nie wider arbeiten kann und Tennisspielen kann da mit

  6. Ich soll jetzt nächste Woche auch eine Hüftarthroskopie bekommen, bin mir aber sehr unsicher, da ich Angst davor habe, ob es wiekkich besser wird. Jedoch habe och ebenfalls eine Arthrose und Geröllzysten zu dem Impingement. Jetzt im Winter wurden meine Schmerzen wieder stärker, im Sommer hatte ich weniger bia kaum Schmerzen und habe eine starke Bewegungseinschränkung in der Hüfte.
    Ich bin 34 und weiss nicht, ob es zu früh ist, aber habe auch Angst das die Arthrose sich verschlimmert.

  7. Danke, für diesen interessanten & gut recherchierten & geschriebenen Beitrag! 👍
    Ich kann die Frustration, aufgrund der nicht erfüllten Erwartungen, an das Ergebnis dieser OP sehr gut nachvollziehen & verstehen, denn bei mir selber war es exakt dasselbe!
    Das zwicken in der linken Leistengegend behindert mich beim Auto- / LKW-fahren….

    ….jetzt, ca. 12 Monate nach dem Eingriff;
    habe ich noch immer deutlich weniger Oberschenkelumfang / Muskulatur als vorher
    & die Schmerzen sind wieder annähernd die selben!

    Obwohl der Eingriff, aus Sicht der "Orthopädie des Inselspitals Bern" ein voller Erfolg war!

    Trotz dieser schmerzhaften Hüft-OP (Luxation) kann ich meinen erlernten Beruf, als LKW-Fahrer, nicht mehr schmerzfrei ausüben.
    Und obwohl die Tätigkeit, als gelernter LKW-Fahrer, für mich jetzt nicht mehr als geeignet erachtet wird, habe ich kein Recht auf Umschulung, da ich ja auch als ungelernter irgendwo bei Aldi/Lidel, Migros/Coop Regale einräumen könne….
    ….& das alles natürlich angeblich sogar ohne signifikanten finanziellen Einbussen?!

    – So ein Quatsch!!! 🥵 🙈

    HEUTE, würde ich mich ganz sicher
    GEGEN DIESEN EINGRIFF ENTSCHEIDEN!

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